Almanya – Willkommen in Deutschland

Almanya – Willkommen in Deutschland
Originaltitel: Almanya – Willkommen in Deutschland- Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Yasemin Samdereli

Darsteller: Fahri Ögün Yardim, Demet Gül, Vedat Erincin, Lilay Huser, Denis Moschitto, Petra Schmidt-Schaller, Aylin Tezel, Rafael Koussouris, Manfred-Anton Algrang, Aliya Artuc, Kaan Aydogdu, Jo Brauner, Walter Sittler

Filmkritik: Als sich die türkische Familie Yilmaz wieder einmal zum gemeinsamen Essen versammelt hat, ergreift Großvater Hüseyin (Vedat Erincin) das Wort. Zur Überraschung aller, auch seiner Frau Fatma (Lilay Huser), hat er ein Haus in seinem Heimatdorf in Anatolien gekauft und möchte, dass die gesamte Familie mit ihm dorthin reist – zumindest für zwei Wochen, um beim Renovieren zu helfen. Zunächst protestieren die Anwesenden, die seit mehr als 40 Jahren in Deutschland leben und zu einem guten Teil auch dort geboren wurden, aber dann erklären sie sich doch einverstanden. Mit seinen vier Kindern, seiner Frau, seiner deutschen Schwiegertochter und den zwei Enkelkindern Cenk (Rafael Koussouris) und Canan (Aylin Tezel) besteigt Hüseyin den Flieger nach Istanbul. Vor allem Canan fällt die Reise zu diesem Zeitpunkt es schwer, denn die unverheiratete Studentin ist im zweiten Monat schwanger und traut sich nicht, es ihrer Mutter zu sagen. Doch die Reise bietet noch ganz andere Überraschungen…

Ein Film über eine türkische Einwanderer-Familie. Das klingt zunächst mal ein wenig dröge. Doch „Almanya“ ist herrlich locker inszeniert und weiß den Zuschauer ein ums andere Mal mit lustigen Ideen und gutem Humor zu begeistern. Da gibt es schon recht früh den Alptraum des Familienoberhaupts, der deutscher Staatsbürger werden will und vom Beamten zu „Tatort, Braten und Schützenverein“ verdonnert wird. Der Film gibt bereits zu Beginn den Ton und zeigt wohin die Reise geht.

Der Film erzählt neben der Jetzt-Handlung auch eine Handlung in der Vergangenheit. Diese Geschichte wird dem jüngsten Spross der Familie erzählt und handelt davon, wie Familie Yilmaz damals durch das Wirtschaftswunder nach Deutschland kam. Hier liegen die wahren Stärken des Films, denn allein die Inszenierung dieser Erzählung ist herrlich kreativ. Da der Jüngste gar kein Türkisch kann, aber in der Geschichte natürlich die meisten Leute türkisch sprechen, bittet er seine Cousine darum, dass alle Türken doch Deutsch sprechen sollen. Diese willigt ein, doch im späteren Handlungsverlauf kommen in der Geschichte auch Deutsche vor. Die Sprachbarriere wäre vernichtet, denn plötzlich reden beide Seiten Deutsch. Ein bekanntes Problem vieler Synchronisationen. Doch die Deutschen reden nun einen Fantasiedialekt, der ein ums andere mal so herrlich witzig klingt, dass es eine wahre Freude ist.

Die Jetzt-Handlung hingegen ist nach dem großartigen Beginn leider irgendwann in einer Sackgasse angelange. In der Familie hat jeder kleinere oder größere Probleme und auch Streitereien sind nicht selten. Zudem hat Opa jetzt auch noch ein Haus in der Türkei gekauft und will mit der ganzen Familie in den Ferien dorthin fahren. Gesagt getan, bricht die Familie kurzentschlossen zum Ausflug auf. Doch der Ausflug entwickelt sich, wer hätte es geahnt, mehr in den dramatischen Bereich der Erzählung.

Diese andere Seite des Films passt auf der einen Seite stellenweise recht gut hinein und sorgt für einige interessante Konflikte der Figuren, aber der Umschwung kommt zu plötzlich. Gerade lacht man noch mit der Familie und plötzlich herrscht trauer und Missgunst in den Reihen von Familie Yilmaz. Die Vergangenheits-Erzählung ist zu früh wieder vorbei und unpraktischerweise auch zu einem Zeitpunkt, an dem die Jetzt-Handlung gerade in einem Erzähltief steckt. Das Resultat sind Längen in der Erzählung. Kurz vor dem Ende sind diese zudem immer besonders ärgerlich. Der Film der einem Zuvor so gut gefiel steckt fest und man selbst fängt an abzuschweifen.

Schade, dass der Film im letzten Drittel etwas den Faden und vor allem den Erzählschwung verliert. Die sympathischen Charaktere und die lockere, sehr kreative Erzählweise die sich auch einfach echt anfühlt, kippt am Ende zusehends um und verschwimmt zu einem Brei der von jetzt auf gleich unglaublich dramatisch sein will und dies nur teilweise überzeugend hinbekommt. Da waren die Macher zuvor einfach deutlich sicherer. Trotzdem sticht der Film aber aus dem aktuellen Kinoprogramm heraus und man sollte der witzigen Erzählung wirklich eine Chance geben. Bereuen tut man es bestimmt nicht.

Filmbewertung: 7/10