The Tourist

The Tourist
Originaltitel: The Tourist – Erscheinungsjahr:2010 – Regie: Florian Henckel von Donnersmarck



Darsteller:
Angelina Jolie, Johnny Depp, Paul Bettany, Timothy Dalton, Steven Berkoff, Rufus Sewell, Bruno Wolkowitch, Mhamed Arezki, Raoul Bova, Igor Jijikine, Christian De Sica

Filmkritik: Wenn man den meisten Kritikern aus den USA Glauben schenkt, ist „The Tourist“ einer der schlechtesten Filme der letzten Dekade. Umso überraschender das ausgerechnet dieses, doch so offensichtliche Machwerk(?), für 3 Golden Globes nominiert war. Bei diesen geteilten Meinungen musste ich mir dann also doch noch selbst ein Bild machen, dabei war der Film eigentlich gar nicht mal so weit oben auf meiner Liste.

Elise(Angelina Jolie) wird seit geraumer Zeit von Interpol, unter der Leitung von Acheson (Paul Bettany), beschattet, weil man so hofft, auf die Spur von Alexander Pearce zu kommen. Der englische Staat erwartet von Pearce eine „Steuerrückzahlung“ von einigen 100 Millionen Pfund, doch Pearce ist seit einiger Zeit spurlos verschwunden und hat sich vermutlich chirurgisch das Gesicht verändern lassen. Tatsächlich wird Elise in einem Cafe ein Brief überreicht, der ihr den möglichen Treffpunkt mit ihrem Geliebten nennt. Bevor sie aufbricht, verbrennt sie noch den Brief.
Während ein Spezialist sofort versucht, den Inhalt des Briefs aus der verkohlten Asche zu entschlüsseln, kann Elise knapp der Polizei entkommen und gelangt unbemerkt am Gare de Lyon in den Zug nach Venedig. Die Anweisungen im Brief lauteten, dass sie sich dort einen Mann aussuchen soll, der Pearce von der Statur her ähnlich ist. Zufällig entdeckt sie dabei Frank Tupelo (Johnny Depp), einen Touristen aus den USA, zu dem sie sich setzt und ihn dazu bringt, sie zum Essen einzuladen. Die Polizei fällt zunächst auf dieses Täuschungsmanöver herein und hält Tupelo für Pearce, doch bevor die italienische Polizei ihn in Venedig stellen kann, gelingt es der englischen Polizei den Inhalt des Briefes zu rekonstruieren und damit die Finte zu durchschauen. Doch das gilt nicht für den skrupellosen Gangsterboss Shaw (Steven Berkoff), dem Pearce mehr als zwei Milliarden Pfund abgenommen hatte, weshalb er seine Leute nun auf den unschuldigen Tupelo ansetzt. Unterdessen bleibt die englische Polizei in Lauerstellung….

Ist „The Tourist“ nun so schlecht wie viele sagen? Nein, bestimmt nicht. Doch „The Tourist“ hat ein paar essentielle Probleme. Bereits der Einstieg in den Film scheint nicht zu funktionieren. Man wird schnurstracks in diese Beschattungssituation geworfen, ohne genau zu wissen worum es geht. Der Film versäumt es zudem ständig auch nur den Ansatz eines Spannungsbogens aufzubauen. Dadurch ziehen sich bereits die ersten Storyentwicklungen gähnend in die Länge. Der unvermeidbare Twist, der im Finale lauert, ist zudem viel zu simpel und liegt daher bereits vor der Hälfte des Films völlig offen. Trotzdem lassen es sich die Macher nicht nehmen, diesen ganz groß im Finale zu enthüllen. Gähn.

Die Story hat ein bisschen was von Hitchcock. Ein unschuldiger, einfach Mann wird in verschiedene Gefahrensituationen geworfen und muss sich in diesen behaupten. Das klingt nicht nur von ungefähr nach „North by Northwest“. Das Setting in Venedig wiederrum hatte für mich ein wenig was von Polanski in „Frantic“, wobei es da Paris war. Die Qualitäten von beiden Filmemachern werden allerdings niemals erreicht. Gut, wer kann das auch schon von sich behaupten? Aber mit ein paar Drehbuchkniffen und etwas mehr Elan hätte man aus der Story dann doch mehr rausholen können. Besonders Angelina Jolie und Johnny Depp spielen hier wahrlich auf Sparflamme. Jolie stolziert 90 Minutenlang wie eine Baroness durch den Film, völlig unterkühlt und charakterlos. Depp hingegen spult das bekannte Programm der Marke „wo bin ich und was mache ich hier?“ ab. Er liegt damit zwar erneut nicht allzu verkehrt, aber es ist dann doch etwas ermüdend.

Dem Deutschen Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck kann man hier nur wenige Vorwürfe machen. Kamera und Stil des Films ist über jeden Zweifel erhaben, nett anzusehen und passend. Klar, mehr als bekannter Durchschnitt wird auch in diesem Sektor nicht geboten und man erwartet von einem Oscargewinner ja irgendwie grundsätzlich mehr, aber ganz allgemein gesehen leistet er hier grundsolide Arbeit.

Da liegt aber im Grunde nun das Kernproblem begraben. „The Tourist“ ist beileibe kein schlechter Film, aber er ist einfach ZU solide. Überraschungen, beindruckende Schauspielerische Leistungen, tolle Figuren oder interessante Schauplätze fehlen einfach. Venedig? Bestimmt schon hundert Mal gesehen. Ein toller Storytwist? Bekannt. Der Geheimdienst Jagd einen Verbrecher? Filmschule 1×1.

„The Tourist“ ist ordentliche Unterhaltung für einen Sonntagnachmittag aber was Besonderes oder Spannendes erwarten sollte man nicht. Der Film hat seine Momente in denen die eigentlich zu erwartende Klasse durchscheint ist aber ansonsten doch ein Beispiel dafür was passiert wenn man eine Story zu reduziert erzählt.

Filmbewertung: 5/10