Turtles

Turtles
Originaltitel: Turtles – Erscheinungsjahr: 1990  – Regie: Steve Barron

Darsteller: Judith Hoag , Elias Koteas , James Saito , Corey Feldman , Toshiro Obata , Steve Barron

Filmkritik: Ich bin zwar gerade über den gleichen Satz als Einleitung eines Reviews zu diesem Schmankerl aus den (sehr) frühen 90ern bei der IMDB gestolpert, aber was solls, denn er stimmt einfach: JEDER der in den 80ern geboren wurde erinnert sich noch an sie (auch wenn sie nicht jeder liebt): Die Turtles!
Eigentlich von Kevin Eastman und Peter Laird als grimmige Superheldensatire in Comicform erdacht, hatte das Konzept nach kurzer Zeit einen großen Erfolg und die Zeichentrickserie „Teenage Mutant Ninja Turtles“, bei uns umgetauft in die jugendfreieren „Teenage Mutant Hero Turtles“ sollte den absoluten Boom auslösen. Turtles wohin das Auge sah, Merchandising und Co., es gab eigentlich fast alles, was man sich wünschen konnte, bis auf einen Realfilm. Auftritt der Produktionsfirmen „Golden Harvest“ aus Hong Kong und New Line Cinema aus Amerika, die in Co-Produktion dieses Kleinod auf die Leinwand gebracht haben. Besonders Golden Harvest sollte Freunden der gepflegten Klopperei ein Begriff sein, so war die Produktionsfirma damals für solche Knaller wie die „Police Story“ oder auch „One Upon A Time In China“ verantwortlich, ebenso für die meisten Bruce Lee Filme. Die Karateviecher waren also in guten Händen. 
 
Richtig gut war dann auch die Entscheidung, nicht konsequent auf ein Kinderpublikum zu setzen, sondern die Atmosphäre auch etwas düsterer zu machen, die Turtles durften Fluchen und insgesamt sind einige Aktionen für einen Kinder- oder eben Familienfilm auch überraschend konsequent durchgezogen. 
Die einzigen menschlichen Darsteller die als solche Auffallen (Corey Feldman leiht nur  Turtle Donatello die Stimme) wären dann Judith Hoag als unermüdliche Sensationsreporterin April O’Neil, welche viel Charme und Energie in die Rolle mitbringt, als auch Elias Koteas als Vigilant Casey Jones, der des Nachts mit Hockeymaske und Schlägern dem Abschaum von New York die Leviten liest. Nebenbei gibt es noch Toshiro Obata als rechte Hand des gefürchteten Shredder ( bedrohlich, aber oftmals versteckt hinter seiner Maske: Serienveteran James Saito), den man ebenfalls aus noch kleineren Nebenrollen wie etwa in „Showdown In Little Tokyo“ zumindest optisch noch im Hinterkopf haben dürfte. 
 
Kommen wir aber zu den wahren Stars der Vorstellung, den Turtles: Mit aufwändigen Kostümen mit ordentlicher Gesichtsmimik werden humanoiden Schildkröten präsentiert, dabei sind die Anzüge so leicht, dass die Stuntdarsteller auch einigen Martial Arts Zauber abbrennen können. Die Geschichte greift nämlich ansonsten die Herkunft der vier Brüder auf, die gemeinsam mit ihrem Ratten-Sensai Splinter in der Kanalisation von New York hausen und nun gegen den Shredder antreten müssen, dessen Verbindungen zu der anthropomorphisierten Truppe in der Vergangenheit liegen. Dabei treffen die Turtles April O’Neil und Freunden sich mit ihr und später mit Casey Jones an, die dann unseren Helden helfen ihren entführten Sensai wieder zurück zu bekommen. 
Toll ist, dass diese simple Story nicht nur schön gefühlvoll rübergebracht wird, ohne das dabei auf die Action verzichtet werden muss, sondern dass dieser Film wohl so ziemlich den Knickpunkt der Jugendkultur zwischen den 80ern und den 90ern darstellt, so am Puls der Zeit damals war, dass man den gesamten Film aus heutiger Sicht schon als Stil-Dokumentation dieser Zeit bezeichnen kann. Auch hier spielt wieder die überraschend ernsthafte und düstere Inszenierung mit rein, die das Geschehen überraschend erwachsenen erscheinen lässt, auch wenn die „Turtles“ dann doch ein Film für die ganze Familie ist, aber eben ohne so weichgespült zu sein wie aktuelle Vertreter dieses Trends. (Oder die Fortsetzungen.)

Es gibt eigentlich nur wenig wirklich am Film auszusetzen. Einige Effekten sieht man ihre wahre Natur dann doch recht deutlich an, aber was solls? Es geht hier schließlich um Mensch-Schildkröten-Mutanten die im Abwassersystem leben, Ninja-Kampfkünste praktizieren, auf Pizza stehen, von einer riesigen Menschen-Ratte trainiert werden und gegen einen Klingenkrallen bewährten Bösewicht namens Shredder antreten müssen.

Wer mit dieser Prämisse was anfangen kann, der wird wohl mit die perfekteste Aufbereitung der Turtles finden, die es gibt (vielleicht abgesehen mal von den ersten Staffeln der TV-Serie), denn hier stimmt eben eigentlich alles. Leider ganz im Gegensatz zu den Fortsetzungen.

Filmbewertung: 9/10

Noch ein Wort zur deutschen Fassung: Leider, so muss man schon anfangen, wurden bislang leider alle Fassungen und Fernsehausstrahlungen gekürzt, sondern es wurden in den Actionszenen „witzige“ „Comic“-Geräusche eingefügt, etwa wenn ein Gegner verprügelt wird, hört man ein „Boing!“, „Dingdong!“ oder „Kuckuck!“, was damals eingesetzt wurde, um dem eben ziemlich düsteren Film eine zusätzlich leichtere Note zu geben. Genauso wie auch sehr viele Dialoge, besonders die der Turtles, noch übertriebener und mit deutlich platteren, einfacheren Witzen synchronisiert wurden. Wenn etwa Rafael aus dem Kino kommt, nachdem er einen „Critters“ Film gesehen hat sagt er im Deutschen so etwas wie „Schon zwanzig Mal gesehen und kein einziges Mal gelacht.“, während das Original schlicht den ironischen Satz: „Wie kommen die Leute nur auf sowas?“ bietet. Da mag man hier im Vergleich vielleicht noch bei einem Satz mit den Schultern zucken, im fertigen Film wird es dann aber zur Qual. 
Ich kann mich noch erinnern, wie ich als kleines Kind wohl über die deutsche Synchro gelacht habe, aber allen Leuten jenseits des maximal zehnten Lebensjahres empfehle ich absolut den Griff zum Originalton (DVD sei Dank, denn die ist auch endlich ungeschnitten).